home

N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Responsive image mb-5
Helmut Lachenmann

Concertini, Kontrakadenz

Ensemble Modern, Ensemble Modern Orchestra, Brad Lubman, Markus Stenz

Ensemble Modern Medien 001
(61 Min., 8/2006, 10/2005) 1 CD

Der musikalische Bruch mit dem Vertrauten kann zwei Gesichter haben. Einmal das postmoderne Grinsen Mauricio Kagels. Und dem gegenüber steht der hintergründige Ernst Helmut Lachenmanns, der als erfindungsreicher Grenzgänger zwischen Musique Concrète und abstrakter Sperrigkeit den aufrüttelnden Materialaufstand probt. Dafür hat er einen großen Musikmaschinenraum eingerichtet, in dem alle Klischees, Formeln und Symmetrien zersetzt werden. Mit Kratzen und Schaben, mit Rauschen und Rumpeln, mit Reiben und Ritzen. Die hellhörig machende Verunsicherung im Sinne einer wie immer auch gearteten, gesellschaftlichen Kurskorrektur ist so seit nunmehr 40 Jahren Lachenmanns Antriebsriemen. Und der bis in die Gegenwart nichts an Spannkraft eingebüßt hat, wenn man allein den beiden Werken folgt, die das Ensemble Modern bzw. das Ensemble Modern Orchestra für den eingespielten Lachenmann'schen Doppelschlag ausgewählt haben.
Die Titel der beiden Kompositionen, zwischen denen immerhin 34 Jahren liegen, könnten in ihrem musikhistorischen Bezug durchaus von Kagel stammen: die "Kontrakadenz" (1970/71) für Orchester und Tonband sowie die "Concertini" für Orchester. Doch die oftmals surreale und komische Spiegelfechterei Kagel'scher Provenienz ist eben nicht Lachenmanns Sache. Vielmehr dominiert der radikale Einspruch, der sich aus einzelnen Orchestergruppenzellen bildet und sich mal in komplexen, mal dünnhäutigen Konstellationen einnistet. Dass selbst ein Lachenmann im Laufe seiner Erfolgsgeschichte nicht altersmilde geworden ist oder gar die Unbedingtheit verrät, mit der er mal und gerade mit "Kontrakadenz" angetreten ist, zeigt er in den labyrinthisch gesetzten Tonerfindungen von "Concertini". Dass diese Exzessivität in den Mikro- und Makrobereichen zeitgleich eine faszinierende Sogkraft entwickelt, ist aber nicht nur dem Komponisten zuzuschreiben, sondern den seismografisch agierenden Ensemble-Modern-Musikern.

Guido Fischer, 01.09.2007


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Der Komponist Giacomo Orefice (1865–1922) wuchs in einer jüdischen Familie im norditalienischen Vicenza auf und ist vor allem für sein Opernschaffen bekannt. Auch als Pädagoge macht er sich einen Namen, sein berühmtester Schüler war der Filmkomponist Nino Rota. Orefices bekanntestes Musiktheaterwerk ist „Chopin“, für das er die Klavierwerke des polnischen Komponisten orchestrierte. Seine eigene Klaviermusik umfasst überwiegend romantische Charakterstücke, die von Gedichten, […] mehr


Abo

Top