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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Bohuslav Martinů

Sinfonien Nr. 3 und 5

Nationales Sinfonieorchester der Ukraine, Arthur Fagen

Naxos 8.553350
(60 Min., 3/1995) 1 CD

Die Musik des tschechischen Komponisten Bohuslav Martinu gibt so manche Nuss zu knacken - und das nicht, weil sie etwa unverständlich, intellektuell oder gar atonal wäre. Es fällt nur ziemlich schwer, die kompositorische Persönlichkeit, den ganz speziellen "Dialekt" des Vielschreibers festzumachen, an dem man eben erkennen kann: Dies ist Martinu und niemand anders. Ich schlage mich schon seit Jahren immer mal wieder mit seiner Musik herum und fand lange den Zugang nicht. Hier, beim Hören dieser beiden Sinfonien, hat es erstmalig "geklickt".
Das mag daran liegen, dass alle sechs Sinfonien in einer relativ späten Schaffensperiode Martinus entstanden, dicht nacheinander, und daher eine Konsistenz und kompositorische Reife aufzuweisen haben, die vielen seiner früheren Kompositionen noch fehlt. Formale Stringenz und Sonatensatz-Tektonik nach deutsch-sinfonischem Vorbild suche man in diesen Werken allerdings besser nicht; es ist vielmehr eine Art Keimzellentechnik, mittels derer die Musik wächst, gedeiht und sich fortbewegt.
Bewegung ist ohnehin der Schlüsselbegriff der Tonsprache Martinus: Diese Musik kommt kaum zur Ruhe, auch nicht in den langsamen Sätzen, und die Bewegung betrifft sowohl die ständigen Ostinato-Felder, die Martinu gelegentlich fast wie einen Vorläufer von Steve Reich und Phil Glass wirken lassen, als auch die Harmonik und die allgemeine emotionale Grundbefindlichkeit der Partituren. Sie resultiert in einer Art mit Euphorie durchsetzten Dauer-Hochspannung, die ich von keinem anderen Komponisten kenne, wenn auch gelegentlich Elemente der Sprache Janáceks durchscheinen. Dieses permanente Unter-Strom-Stehen ist aufregend, andererseits aber auch ermüdend. Von den beiden Sinfonien halte ich die Dritte für die Bessere, weil Ambivalentere und Fassettenreichere.
Wer die Sinfonik Prokofjews schätzt, wird an Martinu ebenfalls seine Freude haben, und auch an den engagierten Interpretationen, mit denen der Martinu-Zyklus von Arthur Fagen abgeschlossen ist. Das ukrainische Orchester, längst dem Status des Provinziellen entwachsen, beweist mit dieser Einspielung erneut seine Kompetenz in der Sinfonik des 20. Jahrhunderts.

Thomas Schulz, 01.09.2007


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