Welche neuen lobpreisenden Adjektive kann man noch bemühen, die nicht schon hundertmal im Zusammenhang mit Pianisten und ihrem Spiel in die Runde geworfen wurden? Der Musikwissenschaftler Carl Dahlhaus, der wie Wenige sich der Musik in Worten zu nähern wusste, schrieb einmal sehr treffend, dass der "Griff zur Metapher" dabei wohl unausweichlich sei. Ein neuer Versuch in diese Richtung also, ohne "virtuos", "brillant" und "perlend" - auch wenn diese Beschreibungen die Sache doch irgendwie auch treffen.
Stellen wir uns einen Pianisten vor, der eigentlich das gängige Repertoire in bedeutenden Sälen und mit bedeutenden Orchestern spielt und natürlich Aufnahmen von seinen Leistungen fertigt. Dutzendware, in gewissem Sinne, aber er hat eben doch das Plus, das einen auch bei den bekannten (und deswegen ja nicht schlechteren) Werken aufhorchen lässt. Oder mehr noch, das einen von neuem in den Bann der Idee und der Genialität des Komponisten zieht. Nikolai Demidenko vermittelt eine sachliche Modernität Beethovens, einen Ausblick auf Philosophie und Gedankenwelt (Variationen 31, 35) ebenso wie die zurückgezogene, intime und bodenständige Gefühligkeit eines biedermeierlichen Haushalts (Adagio Cantabile der Sonate).
Demidenko, der in England lebende Russe, spielt die Musik des Deutsch-Österreichers auf dem italienischen Klavierfabrikat Fazioli, das hier besondere Erwähnung verdient, denn nicht allein scheinen Mensch und Instrument zu einer geistigen Einheit verschmolzen. Die Erzeugnisse der Manufaktur unterscheiden sich in Klang und wohl auch in der Präzision hörbar vom Standard (sprich Steinway). Von unendlich zart bis sehr kräftig klingt dieses Instrument in einem singenden, weit tragenden und reinen Ton, mal nah, mal wie aus der Ferne. Schon dafür wären diese "Diabelli-Variationen" und die Sonate "Für Therese" hörenswert, die ausgezeichnete Leistung Demidenkos macht sie zum Erlebnis.

Matthias Reisner, 01.09.2007

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