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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Giovanni Maria Trabaci

Musik für Tasteninstrumente: Buch II (1615)

Sergio Vartolo, Andrew Lawrence-King

Naxos 8.55 3553-56
(205 Min., 5/1999, 1/2000 - 2/2000, 8/2000) 4 CDs

Hätte er doch wie Gesualdo einen Mord auf dem Gewissen! So aber steht der fast gleichaltrige Neapolitaner Giovanni Trabaci tiefer im Schatten des mörderischen Meisters manieristischer Madrigalkunst, als er es verdient. Was Gesualdo für die Vokalmusik leistete, tat Trabaci in bescheidenerem Ausmaß für die Tasteninstrumente: er experimentierte mit der Chromatik, jener Halbwelt von Tönen, aus deren Dunkel die schlichten Kirchenpfeiler der frühbarocken Harmonik in wirkungsvollem Chiaroscuro heraustreten, auch wenn in ihrem Schatten bisweilen der Antichrist böse aufzulachen scheint. Besonders spannend geschieht das in den aphoristisch kurzen Versetten, die Trabaci zu Hunderten komponierte: hier können wir beobachten, wie der Organist im Wechselspiel mit der Liturgie immer kühnere Antworten auf die alten gregorianischen Formeln sucht und dabei Vorformen zu den uns geläufigeren hochbarocken Präludien und Fugen entwickelt.
Zum Nebenbeihören ist das freilich nichts und deswegen hätte man sich auch besser aufgearbeitete Hintergrundinformationen gewünscht als das, was Vartolo im Booklet in barocker Gelehrsamkeit auskramt. Auch der Interpret Vartolo biedert sich nicht an, wenn er Trabacis ausgedehnte Ricercare auf dem Spinett mit schwerem Organistengriff und ”suchendem” Gestus angeht. Belebend ist aber Vartolos unorthodoxes Experimentieren mit Instrumenten, Registrierungen, Stimmungen und Auszierungen: Indem er seine Exkursionen "von den Rändern" der mitteralterlichen Traditionen sowie des Spätbarock startet, vermeidet er es, den unbekannten Trabaci voreilig in ein stilistisches Korsett zu pressen. Die gefälligsten Preziosen dieser vier CDs umfassenden Raritätenkammer bietet aber "Gaststar" Andrew Lawrence-King: Er zeigt in Trabacis Harfenstücken, wie man introvertiertes Sich-Verlieren im Stimmgeflecht mit ohrschmeichelndem Charme der Tongebung verbindet.

Carsten Niemann, 01.09.2007


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