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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Joseph Joachim Raff

Violinsonaten Nr. 2 u. 5

Ariadne Daskalakis, Roglit Ishay

Tudor/Naxos TUD7129
(66 Min., 3/2004) 1 CD

"Allegro patetico" lautet der Eröffnungssatz von Joseph Joachim Raffs Violinsonate Nr. 5, die er 1869 komponiert hat. Und obwohl der Satztitel spätromantische Mitteilungslust mit all den dick aufgetragenen Pinsel- und Bogenstrichen annoncieren mag, machen sich hier keine sentimentale Blässe oder vollgriffige Emphase breit. Dieser Satz ist vielmehr ein Seismograf von geerdeten Schwärmereien, von dosiert hemdsärmliger Vitalität und sinnlicher Klarheit. Alles gewürzt mit einem winzigen Schuss tziganhafter Harmonien und in Bewegung gehalten von einem großen Kantilenenherz. Pathos – das ist etwas anderes. Weshalb auch gerade diese Einspielung von Raffs letzten Violinsonaten ab sofort als Gegenargument angeführt werden kann, wenn der Neudeutsche und Liszt-Sekretär Raff (1822-1882) einmal wieder irrtümlicherweise in eine Ecke gestellt werden soll, in die er nicht hineingehört. Raff ist nicht dieser romantische Phrasendrescher, als der er heute gern beschimpft wird. Vielmehr ist es diese musikalische Genauigkeit im Auskosten von weiten Bögen, die besonders in seinen (halbstündigen) Violinsonaten ebenso fasziniert, wie er auf eine Gelöstheit in den konzertant-solistischen Zügen achtet.
Mit der Aufnahme von op. 78 (1858/59) und op. 145 beenden Ariadne Daskalakis (Violine) und Roglit Ishay (Klavier) nun ihre kleine Gesamteinspielung der Raff'schen Violinsonaten. Und erneut kann man sich ein passgenaueres Teamwork nicht denken. In klanglicher Homogenität und dynamischer Differenzierung, in ausmusizierter Direktheit und Reife ist das Duo in allen Belangen vorbildlich, ist allein der Variationssatz "Nicht zu langsam" der zweiten Sonate mit seinem ungarischen Flair und virtuosen Raffinement bei ihnen in den besten Händen. So schlüssig und prosaisch das alles ausgespielt wird, so liegt der größte Erkenntnisgewinn aber wohl darin, dass in Raff mehr Brahms steckte, als er offiziell zugeben wollte.

Guido Fischer, 01.09.2007


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