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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Ludwig van Beethoven

Sinfonien Nr. 1 bis 9

Karita Mattila, Violeta Urmana, Thomas Moser, Thomas Quasthoff, Schwedischer Rundfunkchor, Eric-Ericson-Kammerchor, Berliner Philharmoniker, Claudio Abbado

Deutsche Grammophon 0 28946 90002 4
(12/1999, 3/2000 - 5/2000) 5 CDs

Der erste Blick: eine jener unseligen Wiederholungsproduktionen, die meinen, sich durch technisch neue Verfahren (DVD-Produktion) oder einfach durch das Alter bereits vorliegender Aufnahmen desselben Interpreten (Abbados Beethoven aus Wien wurde vor rund fünfzehn Jahren aufgenommen) legitimieren zu können.
Der erste Höreindruck: Im Unterschied zu seinem Vorgänger Karajan, dessen vier Beethoven-Einspielungen zunehmend sinfonisch-breiige Einheitskost hervorbrachten, lässt Abbados neue Berliner Einspielung gehörig aufhorchen. Schon der neuen Partitur-Vorlagen der Bärenreiter-Ausgabe wegen, die der britische Musikwissenschaftler Jonathan Del Mar von allen falschen, weil nach-beethovenschen Romantizismen befreit hat.
Auch Abbado schickt seinen über weite Strecken merklich verkleinerten Orchesterapparat auf eine Partiturreise voller Kanten und Ecken, voll harter Sforzati-Schläge, kurzer Bindebögen und flotter Tempi. Und das spürbar verjüngte Berliner Orchester folgt ihm wunderbar - weit liegen die Zeiten der streichersämigen Altherrenriege Karajans zurück. Alles pulsiert, atmet, auch die letzte Neben- und Mittelstimme bleibt durchhörbar; man sitzt sozusagen auf vorderster Stuhlkante, bereit, augenblicklich zu explodieren oder sich federnd die Motiv-Bälle zuzuspielen.
So gerieten vor allem die "Eroica", die "Pastorale" und die Siebte (diese zumindest im dionysischen Schluss-Rausch), zu Beethoven-Merksteinen, die beiden Erstlinge sowie die Achte zu angenehm widerborstig musizierten Experimenten. Aber die Fünfte? In ihrer puren (traditionellen) Klanggewalt eine Enttäuschung. Und die Neunte? Hier zeigt sich symptomatisch: Abbados Mut zur Beethoven-Revision reicht nicht an die Zürcher Zinman-Produktion, auch nicht an Gardiner heran, trotz des unübertroffenen Orchesters.
Abbado macht im Unterschied zu diesen Einspielungen zu viele Kompromisse. Zwar propagiert er im Beiheft die Wahrhaftigkeit von Beethovens Metronom-Angaben, aber er folgt ihr über weite Strecken nicht. Die Probe aufs Exempel: der Mittelteil des zweiten Satzes der Neunten - bei Zinman ein bislang und weiterhin unerhörtes Presto-Wagnis, bei Abbado ein fauler Kompromiss; ebenso das an sich bereits grenzwertige Schluss-Prestissimo. Mit viel Emphase meistern jedoch die Gesangs-Solisten ihre Beethoven-Zumutungen, und die beiden schwedischen Chöre beweisen wieder einmal, dass sie zu den besten der Welt zählen. Insgesamt also kann man Abbados Beethoven durchaus unter den Gabentisch legen; nur Zinman- und Gardiner-Fans werden ein wenig enttäuscht sein.

Christoph Braun, 01.09.2007


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