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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Laura

Don Byas

Dreyfus Jazz reference/Edel Contraire 3 460503 671423
(61 Min., 9/1944 - 1/1949) 1 CD

Francis Dreyfus tut recht daran, auch dem Tenoristen Don Byas ein Album der Serie „Jazz reference“ zu widmen, eine Serie, die vorerst auf die dreißig „besten“ Jazzmusiker vor 1950 beschränkt sein soll. Ohne Zweifel gehört Byas, wiewohl von der breiteren Jazzhörerschaft fast vergessen, in diese Kategorie. Im Zweifel ziehe der Jazzfreund dieses Album zu Rate.
Mit seinem ornamentalen, geschmeidigen und in seiner harmonischen Modernität den Bebop vorwegnehmendem Stil, mit seinem in Balladen betörenden Sound und seinem in schnellen Stücken mitreißend flüssigen und zugleich weitgeschwungenen, logischen Linien gehörte Byas zu den eindrucksvollsten Tenoristen der ausgehenden Swing-Ära und der frühen Moderne. Doch er wurde zu einem Opfer landläufiger Kurzfassungen der Saxofongeschichte. Da stehen für die dreißiger und vierziger Jahre Coleman Hawkins und Lester Young im Lehrplan; alle anderen gelten als deren Schüler.
Natürlich ist Byas ohne Hawkins undenkbar. Doch in viel bedeutenderem Maße war er selbst ein stilbildender Lehrer: Von ihm über Lucky Thompson zu Benny Golson führt ein direkter roter Faden. Byas' vollkommene Paarung von Lyrik und Eleganz (sie erinnert an Benny Carter) sowie seine technische Meisterschaft musste geradezu jenen Romantikern des Saxofons vorbildlich erscheinen, denen Hawkins’ Schüler, zumal die Texaner, zu rau und rabiat und Lester Young zu verhalten schien. Da Byas die letzten Jahrzehnte seines Lebens in Europa verbrachte, wurde er in seiner Heimat vergessen, was leider auch die europäische Rezeption beeinflusst hat.
Dreyfus' gelungene Auswahl legt den Schwerpunkt (vielleicht etwas zu sehr) auf die Balladen. Heutige Hörer können hier eine klangsinnliche Süße kosten, wie sie nur noch wenigen Saxofonisten zu Gebote steht. Auch der Verzierungsreichtum, mit dem Byas die Melodien der Standards umschmeichelt, ist verführerisch. Meist, wenn nicht gerade Erroll Garner oder Johnny Guarnieri am Klavier sitzen, überragt Byas seine Begleiter um Everest-Höhen. Bei seinem rasenden „Cherokee“ ist die Rhythmusgruppe geradezu überfordert.
„I Got Rhythm“, in der 1945 fast revolutionären Duo-Besetzung aus Tenorsaxofon und Slam Stewarts Kontrabass entstanden, ist der Höhepunkt der Zusammenstellung. Die beiden spielten als Pausenfüller bei einem Town-Hall-Konzert und stahlen damit den Stars des Abends die Show. Humor und halsbrecherische Virtuosität, unbändiger Drive und Fantasie machen die Aufnahme zu einem Kandidaten für die Insel. Schade, dass Dreyfus auf das Gegenstück „Indiana“ verzichtet hat. Über eine viertel Stunde Platz wird verschenkt; dabei wäre z.B. ein Beispiel für die Zusammenarbeit mit Dizzy Gillespie - Byas war bei frühesten Bebop-Aufnahmen dabei - oder Count Basie alles andere als überflüssig gewesen.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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