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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Dmitri Schostakowitsch, Moisey Weinberg, Boris Tschaikowski

Cellosonaten

Johannes Moser, Paul Rivinius

Hänssler/Naxos 93.176
(71 Min., 7/2005) 1 CD

Für sein CD-Debüt hätte sich der Münchner Cellist Johannes Moser durchaus für glanzvollere und damit verkaufsträchtige Zugpferde entscheiden können. Für Tschaikowskis Rokoko-Variationen beispielsweise, für die er 2002 beim Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerb neben dem 1. Preis auch noch einen Sonderpreis für die beste Interpretation bekommen hatte. Oder es hätten sich die Sonaten von Beethoven, Chopin und Debussy angeboten. Aber Moser kehrte im Aufnahmestudio nun wieder zurück in die ehemalige Sowjetunion. Und dort zu jener Schostakowitsch-Connection mit ihrer expressiv abgedunkelten und bisweilen ins Neo-Romantische umschlagenden Klangsprache, die von Stalin und seinen Kulturideologen zum "formalistischen" Sperrgebiet ausgerufen worden war. 1934 und damit zwei Jahre vor dem publizistischen Bannstrahl "Chaos statt Musik" komponierte Schostakowitsch seine Cellosonate d-moll, die gerade in den emotional verstörenden Tiefen mächtig abgefärbt zu haben scheint auf die Sonaten seiner Freunde und Schüler Moisey Weinberg und . Beide Werke, die unmittelbar nach Chrustschows Stalinkritik 1956 entstanden, sind so gleichsam auch als Treueschwur zum großen Vorbild Schostakowitsch zu hören.
In Weinbergs Sonate Nr. 2 (1958/59) gibt es genauso scharfkantig burleske Rhythmen wie lamentoartige Inneneinsichten. Und in der von Mstislaw Rostropowitsch 1958 uraufgeführten Sonate Tschaikowskis verschieben sich mit bedrohlichen Klopfzeichen, tonnenschweren Klängen und arabesker Leichtigkeit ständig die Stimmungsplatten. Gerade weil man diesen beiden Sonaten im Konzertalltag kaum begegnet, lohnt sich die Aufnahme von Johannes Moser und dem Pianisten Paul Rivinius allein schon wegen des Repertoires. Zudem wissen die Musiker ganz genau, wie nahe man sich an die Pathosklippe heranwagen oder wie man das Groteske mit verspieltem Charme ausbalancieren kann. Mosers Ausdrucksspektrum ist dabei kultiviert tonschön und dann wieder auf attackierende Kratzbürstigkeit geeicht. Und Paul Rivinius zeigt nicht zuletzt im Finalsatz der d-Moll-Sonate und mit brillanter Motorik, welchen enormen Spaß Schostakowitsch nicht erst seit seinem Klavierkonzert Nr. 2 an schweißtreibenden Läufen hatte.

Guido Fischer, 01.09.2007


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