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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Johann Sebastian Bach, György Ligeti

Partita Nr. 2, Bratschensonate

Antoine Tamestit

Antoine Tamestit
(53 Min., 10/2006) 1 CD

Bratscher müssen sich schon etwas einfallen lassen. Nicht nur, aber auch des Repertoires wegen. Der junge Franzose Antoine Tamestit etwa nimmt sich hier zunächst einmal Bachs zweite Partita BWV 1004 vor. Die ist eigentlich für Violine gedacht, doch eine Quint tiefer geht's auch noch gut. Mit Tamestit jedenfalls, der nicht der Verführung erliegt, das größere Volumen seines Instruments auszuschlachten, um dem Zyklus eine vermeintlich neue Dimension zu erschließen. Nicht größer, sondern ganz im Gegenteil: viel graziler und luftiger klingt dieser Bach, als man es gewohnt ist. Bis in den letzten Takt der finalen Chaconne lässt Tamestit die Musik mit leichtem Fuß tanzen, erlaubt sich nur in der Sarabande eine Art träumerischer Zeitlupe jenseits des festen Taktmaßes. Gleichwohl geschieht auch dies wundersam natürlich und ganz ohne Pose. Alles ist fein, doch ganz und gar nicht weich gezeichnet, überall vermittelt sich Anmut, nirgends aber auch nur eine Spur von Unentschlossenheit. Dank der Courage, sich aller virtuosen Extrovertiertheit zu verweigern, erschließt sich für Tamestit auch die herrschaftliche Chaconne wie von allein. Ruhig und bestimmt knurrt die Bratsche diesen weitausladenden Gesang, als sei er eigens für sie geschrieben worden. Und selbst hier, wo die meisten Interpreten eher das strenge Ostinatoverfahren des Tanzes als das Tänzerische selbst betonen, spielt Tamestit Knickse, Drehungen, Verbeugungen, Schritte – elegant, würdevoll und unaffektiert.
Tamestits kluges Gespür für musikalische Differenzen kommt auch Ligetis Bratschensonate sehr zugute. Obwohl kompositorisch – vor allem dort, wo Ligeti sich in Hindemith’sche Harmonik verbeißt – nicht immer ein absolutes Glanzstück, gewinnt der junge Franzose diesem Kompendium unterschiedlichster Stile und Techniken faszinierende Seiten ab: Gerade weil er den Zickzackkurs des Notentextes nicht vornherein mit einem einheitlichen Zugriff gerade biegt, sondern ihm mit äußerst wendiger Artikulation in jeden Winkel präzise folgt.

Raoul Mörchen, 01.09.2007


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