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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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The Electric Bill

Bill Carrothers

Dreyfus/Soulfood FDM 36631-2
(58 Min., 3/1999) 1 CD

Alles kehrt wieder. Dass sich Musiker einem festen Puls verweigern und danach über den wabernden Klängen eines Fender Rhodes Pianos ins Sphärische abdriften und das Fiepen der Elektronen ins Geschehen einbeziehen, kennen Jazzfans seit dem Ende der sechziger Jahre in weitaus originellerer Fassung, als es der als "The Electric Bill" vorgestellte Bill Carrothers am E-Piano nachvollzieht.
Als Akustik-Pianist hat der Amerikaner bereits ganz hübsche Alben vorgelegt - aber als Elektriker überzeugt er nicht. Zu sehr lehnt er sich mit seinem Quartett an Vorbilder an - und dabei erreicht er weder deren Qualität, noch ist mehr als eine vage Ahnung von der Umbruchsatmosphäre jener frühen Elektrik-Jahre zu spüren. So fehlt der Nummer "Rebellion" jeglicher Funke vom rebellischen Charakter jener Jahre, in denen die Gepflogenheiten der Jazz-Oldies zertrümmert und mit aller Gewalt Neues gesucht wurde. Stattdessen trällert Michael Lewis' Sopransaxofon unverbindlich über den Grooves des Schlagzeugers Dave King und des Bassisten Reid Anderson. Bill Carrothers, der E-Pianist, unterlegt gefällig-schräge Akkorde: Der saturierte Bürger von heute rekonstruiert sich die Rebellion recht gefällig.
Ein Hauch Mahavishnu Orchestra, eine Prise Bitches Brew - aber längst nicht so konsequent wie die Musik von damals: das ist hübscher Konservatismus. Mit einem melancholischen "Voice Of The People" geht es weiter, wobei der dunkle Klang des Kontrabasses vage an Charlie Haden erinnert, der einst mit dem "Liberation Music Orchestra" die Hoffnung auf eine Welt des Friedens und der Freiheit in melancholisch-utopische Klänge gebettet hatte.
Prickelnder wird das Geschehen erst mit "Evolution", zumal sich hier Drum-And-Bass-Rhythmen mit Jazz vermischen: Ja, es gibt eine Gegenwart, und in der hat "The Electric Bill" durchaus etwas attraktives mitzuteilen. Einsam und verlassen wird es mit "The Castaways", während "Aftermath" nett groovt. "A Kindred Spirit" ist eine schleppende Ballade, und "Mojo Clinton" ein rasanter, auf hektisch getrimmter Shuffle-Blues. Das finale "Sing" erinnert schließlich daran, welche Romantik in einer kleinen, fast kinderliedartigen Melodie liegen kann.
Der "Electric Bill" ist ein eklektischer Elektrischer, der noch eine Weile brauchen wird, bis er auf dem Fender Rhodes originell wird.

Werner Stiefele, 01.09.2007


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