home

N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Responsive image mb-5
Julius Weismann

Kammermusik & Klavierwerke

Eckart Sellheim, Neithard Resa, Thomas Palm, Buchberger-Quartett Frankfurt

Signum/Note 1 116-00
(50 Min., 1979) 1 CD

Der Komponist Julius Weismann, kein Jude, fiel dennoch in den tiefen Graben, den die Nationalsozialisten durch die deutsche Kulturlandschaft pflügten: zu introvertiert für die lärmenden Standartenführer, dann aber auch nicht progressiv genug, um als "entartet" zu gelten (was spätere Renaissance erleichtert hätte). Wertlos also. Dabei ist er einer der geistreichsten Vertreter - nein, keiner "Schule", nicht einmal der Neuen Münchner seines Lehrers Ludwig Thuille: sondern seiner selbst. Beheimatet irgendwo zwischen der duftigen Neoklassik à la francaise und der sehr deutschen Obsession mit dem Kontrapunkt (Reger): ein ziemlicher Spagat!
Jedes einzelne dieser Klavierstücke (Etüden, Fugen) bezeugt nicht nur souveräne Metierbeherrschung, sondern auch Originalität, die immer "konservativ" gewandet ist. Eckart Sellheim gibt ihnen genau jene Balance zwischen Luftschloss und ernster Aussage, die vielleicht ihren Charakter am deutlichsten definiert. Ausdrucksvoll in den honigdunklen Farben der Bratsche, gespielt von Neithard Resa: "Thema, Variationen & Gigue" op. 146, ein Werk, das - obwohl es ihn nicht imitiert - einen Reger vermutlich stolz gemacht hätte.
Und das wohl Eigenste dieser Aufnahme: "Phantastischer Reigen" für Streichquartett, ein irrlichternder Trip durchs Gebirge wie durch die Klüfte der menschlichen Natur - so farbig wie Schumann, so verknappt (mitunter) wie Webern. Und dieser Mann also hat auch große Opern komponiert, darunter welche nach Strindberg ("Traumspiel", "Gespenstersonate") sowie Büchner ("Leonce und Lena")? Welche Entdeckungen gäbe es da noch zu machen, welche Enttäuschungen wegzustecken?
Ein Bekenntnis Weismanns nennt das Beiheft, und es ist wert zitiert zu werden: "Fortschritt! Als ob es in der Kunst so etwas gäbe! Im Automobilbau, in der Medizin etc. - freilich ja! Also in praktischen Dingen - aber die Kunst ist ja, je schöner und innerlicher, umso unpraktischer!" Man kann sich die Aufnahmen dieser CD schwerlich vorstellen als a) Hintergrund, b) Filmmusik und c) Anschauungsobjekt. Sie steht für nichts als für sich selbst.

Thomas Rübenacker, 01.09.2007


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


Abo

Top