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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Koopmans Bachkantaten-Projekt eilt mit Riesenschritten dem Ende zu: Die 14. von geplanten 20 Boxen liegt nun vor. Weiterhin bieten die erfahrenen Bach-Interpreten ein hohes interpretatorisches Niveau auf der Basis von Koopmans prägnanter Bach-Handschrift: Zu ihr gehört der stets sehr gut vorbereitete Amsterdam Bach Choir, bestehend aus 18 ausgebildeten Sängern; mit dieser Besetzungsstärke bekennt sich Koopman seit jeher zur "gemäßigten" historischen Bach-Aufführungspraxis, weswegen er sich mit den solistisch besetzenden "Minimalisten", besonders mit Joshua Rifkin, immer wieder heiße Wort-Gefechte liefert. Rein ästhetisch ist an einem flexiblen, wohlklingenden Ensemble mit vier bis fünf Sängern pro Stimme nicht das Geringste auszusetzen; ob es der historischen Wirklichkeit entspricht, wird sich niemals endgültig klären lassen.
Eine weniger glückliche Hand hatte Koopman schon immer mit den Gesangssolisten: Ursprünglich wollte er die Gesamtaufnahme komplett mit seiner alten Lieblingsbesetzung machen, zu der Barbara Schlick, Kai Wessel und Guy de Mey gehörten; diese Sänger verschwanden allerdings nach wenigen Folgen aus nachvollziehbaren Gründen aus dem Projekt. Einzig Klaus Mertens blieb durchgehend erhalten, und er ist auch diesmal wieder dabei - zu Recht, wenn er hier auch teilweise ein wenig rau klingt und sein einziges "Leiden", das Aspirieren von Melismen, immer noch nicht abstellen konnte. Im Tenorbereich experimentiert Koopman schon lange mit verschiedenen Sängern; für die vorliegende Folge gewann er Christoph Prégardien, Jörg Dürmüller und Paul Agnew. Prégardien scheint nicht ganz im Lot, seine immer wieder mal etwas dünne Höhe macht sich bemerkbar; Dürmüller irritiert bisweilen durch harschen, uneleganten Gesang. Als erfreulich ist im ebenfalls dreifach besetzten Alt-Bereich die positive Entwicklung von Bogna Bartosz zu verzeichnen, die hier stilechter und organischer klingt als bei früheren Aufnahmen. Annette Markert hingegen überzeugt immer noch nicht - warum bevorzugt Koopman pastose, dunkle Altstimmen, die sicherlich am weitesten vom "Original" entfernt sind (Frauen sangen zu Bachs Zeiten nicht in der Kirche, mutierte Knaben hingegen haben nachweislich auch im Alt falsettiert - ein Counter-Tenor wäre also sinnvoller)? Im instrumentalen Bereich geht es in Folge 14 auf gewohnt hohem Niveau weiter - allenfalls Ton Koopman übertreibt es manchmal mit allzu geschwätzig-unruhiger Continuo-Aussetzung. Das Repertoire zeichnet bei mitten in dieser Folge auslaufendem Choralkantaten-Jahrgang durch große Vielfalt aus: BWV 103 "Ihr werdet weinen und heulen" oder BWV 42 "Am Abend desselbigen Sabbats", um nur zwei Beispiele zu nennen, sind selten zu hörende Kleinode aus Bachs unerschöpflichem Kantaten-Corpus.

Michael Wersin, 01.09.2007


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