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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Germany 12 Points

Carsten Daerr, Henning Sieverts, Bastian Jütte

ACT 9653-2/Edel
(54 Min., 9/2005) 1 CD

Große Worte sind im Booklet zu lesen. "Viele Broadway-Schlager wurden einst durch Jazz-Interpretationen zu Standards, die scheinbar für alle Ewigkeit ins Great American Songbook eingingen", heißt es da. Nun dürfen wir also die Vermutung anstellen: Was in Amerika mit den Erzeugnissen der leichten Unterhaltungsindustrie funktioniert hat, sollte auch problemlos mit Deutschlands berühmt-berüchtigstem Liederlieferanten hinzukriegen sein. Nix dagegen einzuwenden, dass der Jazz seit einiger Zeit sein Heil in der Anverwandlung von guten Pop-Songs sucht. Aber muss es denn ausgerechnet Ralph Siegel sein?
Es muss. Weil ACT-Chef Siegfried Loch seinem Freund Siegel zu dessen 60. Geburtstag etwas wirklich Originelles schenken wollte. Dafür engagierte Loch mit dem Pianisten Carsten Daerr, dem Bassisten und Cellisten Henning Sieverts sowie dem Schlagzeuger Bastian Jütte drei zweifellos hervorragende Instrumentalisten. Und sie haben sich wirklich Mühe gegeben, zehn Songs aus dem riesigen Siegel-Œuvre ein neues Gesicht zu verpassen. Chirurgisch aufgewertet wurden unter anderem das unvermeidliche "Ein bisschen Frieden" (einmal als trauter Walzer, einmal als metrisch und harmonisch krummes Kunstlied) und der alberne "Dschingis Khan" (herrje, gleich drei Versionen gibt es davon).
Manchmal freilich mussten Daerr, Sieverts und Jütte mit dem Arrangement-Skalpell derart tiefe Schnitte in der glibbrigen Kompositionsmasse vornehmen, dass von dem Ursprungsstück kaum noch etwas zu erkennen ist. Rex Gildos "Fiesta Mexicana" kommt nun wie ein grimmiges Schlachtfest daher, Katja Ebsteins "Theater" ist in ein hochdramatisches Kammermusikstück mit zu Tode betrübt klagendem Streichbass verwandelt worden. Die Schlagerfans wird’s gruseln. Und auch die Freunde der Improvisationsmusik kommen ins Grübeln. Sind diese Lieder, die man so verstümmeln muss, wirklich Songs für die Ewigkeit? Nö. Siegel, hochgejazzt: das braucht die Welt nicht.

Josef Engels, 01.09.2007


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