Rondeau/Note 1 4 037408 010092
(70 Min., 00/1981) 1 CD
Die hohe Zeit der "authentisch" aufsingenden Knabenchöre in der geistlichen Barockmusik ist längst vorbei. Selbst der Pionier des Hifi-Stereozeitalters, Nikolaus Harnoncourt, der in den späten Sechzigern mit den Wiener Sängerknaben die Bach-Passionen und -Kantaten aller Romantizismen entkleidet hatte, arbeitet längst wieder mit "erwachsenen" Choristen und gemischten Chören. Nicht die unbezweifelbar hohe technische Qualität, sondern die im Vergleich mangelnde Ausdrucksbreite und textlich-gehaltliche Glaubwürdigkeit der Knaben - etwa wenn Zehnjährige die "Fleischeslust" verdammen oder "Schmach und Tod" beklagen - mag hier den Hauptgrund für den Rückwärtsgang gespielt haben.
Nun haben die Windsbacher Knaben ihr Archiv geöffnet und ihre zwanzig Jahre alten Motetten-Aufnahmen veröffentlicht. Mein Fazit: wenn schon Knaben, dann diese. Zwar können auch sie jene generellen Einwände nicht wirklich entkräften, aber die klangliche Homogenität, die vortreffliche Artikulation und die meist forsche Tempowahl ihres Leiters Karl-Friedrich Beringer bescheren dem Hörer eine kurzweilige, mitunter gar mitreißende Bach-Stunde.
Überdies hat man (mit einer einzigen Orgelpositiv-Ausnahme) auf unterstützende Continuo-Instrumente verzichtet, so dass bei diesen polyfon-virtuosen Wunderwerken eine schwierige intonatorische A-cappella-Aufgabe gemeistert werden musste. Dies gelang, mit Ausnahme von wenigen typischerweise nach oben "treibenden" Passagen, bravourös. Die Knaben besitzen helle, gleichwohl geschmeidige Stimmen und unterlassen gottlob alles Herzschmerztremolo, mit dem ihre Wiener Kameraden nicht selten auf die Tränendrüsen ihrer (groß-)mütterlichen Fangemeinde drücken.
Christoph Braun, 01.12.1999
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