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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Live in Lugano

Gil Evans & Orchestra

TDK/Naxos DVWW-JGEO
(58 Min., 1/1983) 1 DVD

Ein weiterer dankenswerter Live-Mitschnitt, der uns einen faszinierenden Einblick in das Laboratorium eines der größten Bandleader und Arrangeure der Jazzgeschichte gewährt. In Lugano versammelte der 70-jährige Gil Evans eine Reihe glänzender Solisten zu einer bemerkenswerten Bigband, getragen von einer routinierten Rhythmusgruppe um das Energiebündel am Schlagzeug, Billy Cobham. Schon das erste Stück zeigt programmatisch, wo es an diesem Abend langgehen sollte: Aus einer schlichten Figur am Klavier erhebt sich ein cooles Klanggemälde mit grellen Trompeteneinwürfen, wie sie uns aus "Sketches of Spain" in Erinnerung sind. Was folgt, sind in der Hauptsache zeitlupenartig in sich drehende Klangfarbenzaubereien, aber auch saftig groovende Uptempo-Nummern, teils aus der Feder des Bandleaders, teils von Weggenossen wie Monk oder Mingus. Evans selbst war nie ein Virtuose am Klavier, er deutet nur an, hält sich im Hintergrund, wie schon bei den epochalen Kooperationen mit Miles Davis. Das wiederum gibt Trompetern wie Lew Soloff, Randy Brecker, dem exzellenten Hornisten John Clark oder auch "Blues Brother" Tom Malone (Posaune) jede Menge Freiraum zu solistischen Höhenflügen. Doch keine selbstgefällig solierenden Egomanen sind zu vernehmen, vielmehr folgen alle sichtbar motiviert und hochkonzentriert dem Konzept ihres Bandleaders und erzeugen dabei eine Reihe magischer Momente und mitreißender Spannungsbögen. Nichtsdestotrotz wäre von vielen kleinen und feinen Ereignissen bei den Solisten zu schwärmen, z.B. von Howard Johnsons göttlicher Behandlung von Baritonsaxophon und Tuba, Lew Soloffs "Hänschen klein" im "Honey man" oder von Mike Mainieris zauberhaften Vibraphon-Einwürfen. Alles fügt sich zu einem großen Ganzen, das dem vielgliedrigen Organismus der Bigband entwächst und dennoch alleine in den schmalen, sehnigen Händen eines ergrauten Mannes zu entstehen scheint. Der Geburtshelfer des "Cool" zeigt an diesem Abend in Lugano noch einmal eindrucksvoll, was der Jazz ihm zu verdanken hat.

Tilman Stamer, 01.09.2007


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