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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Jacques Ibert, Aram Khatchaturian

Flötenkonzerte, Pièce pour flûte seule

Emmanuel Pahud, Tonhalle-Orchester Zürich, David Zinman

EMI 557 487-2
(64 Min., 10/2002) 1 CD

Offensichtlich besitzen Franzosen ein besonderes Faible für die Flöte. Debussy läutete mit seinem "Faune" die Renaissance des Solo-Instrumentes (nach gut hundert Jahren Schlafenszeit) ein, Fauré, Ibert, Jolivet, Françaix, und weitere Landsleute setzten sie fort. Nicht minder wichtig war der interpretatorische Träger dieser Wiedererweckung, die moderne französische Flötenschule, die Paul Taffanel am Pariser Konservatorium begründete und die so berühmte Namen wie Marcel Moyse, Yvonne Drappier, Aurèle Nicolet und Jean-Pierre Rampal hervorbrachte. Emmanuel Pahud, ehemaliger Konservatoriumsschüler, setzt diese Tradition auf höchstem Niveau fort; als Soloflötist der Berliner Philharmoniker tritt er überdies in die Fußstapfen Nicolets, den Furtwängler 1950 in dieselbe herausragende Position berief.
Mit Rampal wiederum verbindet ihn die vorliegende Aufnahme des Khatchaturian'schen Violinkonzertes aus dem Jahre 1940, das jener auf die Flöte übertrug. In diesem dreisätzigen Riesenopus (mit fast 40 Minuten Dauer) ist ein ganzes Arsenal folkloristischer Themen armenischer, aserbaidschanischer und grusischer Provenienz zu hören, die Khatchaturian auf höchst eingängige, kurzweilige, kontrastreiche Art verarbeitete. Vor allem die virtuosen Ecksätze bringen den Solisten in die sprichwörtlich atemlose Hektik, doch Pahut meistert sie mühelos. Mehr noch als diese Artistik besticht sein weicher und doch klar fokussierter, vibratoarmer Ton, der die lyrischen Intermezzi der Ecksätze, vor allem aber das große Andante mit Wärme und Ruhe erfüllt, so dass sich der Eindruck einer weit geschwungenen, kargen, darin so reizvollen Landschaft wie von selbst einstellt.
Solche meditativ-schwebenden, vor Sommerhitze flirrenden Seelenlandschaften sind die eigentlichen Klangsphären der "französischen" Flöte: sie entführt den Hörer in typisch antikisierender "Syrinx"-Weise in bukolisch-ruhige, aber auch und gerade in erotisch-"panische" Gefilde des plötzlich erscheinenden Hirtengottes Pan. Iberts Stück für Soloflöte von 1935, vom Interpreten "a piacere", also individuell-improvisatorisch auszuschmücken, wie auch der zweite Satz seines ein Jahr zuvor geschaffenen Flötenkonzertes versinnbildlichen diese Ausdruckssphären auf betörende Art. Hier wie auch in den tonal provozierenden, rhythmisch vertrackten und (besonders im bombastischen Schluss) ironisch gebrochenen Ecksätzen (mit Jazz-Anklängen) zeigt sich Pahud als ungemein agiler, wandlungsfähiger "Pan" im Sinne Iberts. Dass die Einspielung beider Konzerte – die sich im Übrigen wohltuend stilistisch unbekümmert von den üblichen schulmäßigen Verpflichtungen der Zeit abheben - eine mustergültige wurde, liegt aber nicht nur am Solisten. Das Tonhalle-Orchester zeigt sich unter seinem Chef einmal mehr in einer höchst flexiblen, zupackenden Partnerschaft. Schon die gleichrangige Zwiesprache seiner Bläser mit Pahud offenbaren die Qualitäten dieser "Begleitung".

Christoph Braun, 01.09.2007


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