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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Franz Liszt

St. Stanislaus

Cincinnati May Festivel, James Conlon

Telarc/in-akustik CD-80607
(60 Min., 5/2003) 1 CD

Auch das gibt es heute noch: Welt-Ersteinspielungen von Werken bekannter Komponisten. Dass das unvollendete Oratorium "St. Stanislaus" von Franz Liszt jetzt zum ersten Mal auf CD erscheint, hat möglicherweise zwei Gründe: Erstens, weil es unvollendet ist, und zweitens, weil man Lisztsche Orchesterwerke gern mit Schwulst und hohlem Pathos verbindet (in Deutschland wohl nicht zuletzt wegen der Verwendung der Tondichtung "Les Préludes" in der Wochenschau des Dritten Reichs).
Die Geschichte handelt vom Aufbegehren gegen den brutalen König Boleslaw im Jahre 1079 und der Ermordung des Stanislaus, Polens Nationalheiligem. Liszt verfolgte das Projekt eines großen Oratoriums über diese Geschehnisse in seinen letzten Lebensjahren, konnte aber nur zwei Szenen - zusammen immerhin eine Stunde Musik - fertig stellen. Der Text mag etwas einfältig, von naiver Religiosität erscheinen, bot dem Komponisten aber offenbar eine lohnende Vorlage für die Ausgestaltung in Musik. Liszt hatte auch als Kosmopolit par excellence mit den nationalistischen Anklängen keine Schwierigkeiten und komponierte in das lange Orchesterzwischenspiel am Anfang des vierten Bildes Polens Nationalhymne ein, was musikalisch gesehen aber zu den schwächsten Momenten gehört. Auch insgesamt fällt dieser zweite von Liszt noch vollendete Teil leider in das oben angedeutete, hier vor allem religiös motivierte Pathos ab.
An seinen besten Stellen - und die finden sich bevorzugt in der ersten Szene - erinnert der Stil des Oratoriums dagegen an Wagners "Parsifal", etwa wenn das geknechtete Volk dem Stanislaus seine Leiden klagt. James Conlon und dem Orchester Cincinnati May Festival gelingen hier eine schmerzlich-intensive Darstellung, die sich an keiner Stelle den Grenzen zum Kitsch nähert. Die solistischen Sänger und der Chor überzeugen durchweg und tragen so ihren guten Teil zu einer interessanten Entdeckung aus Liszts Spätwerk bei.

Matthias Reisner, 01.09.2007


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