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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



„Lieder ohne Worte“ nannte Mendelssohn viele seiner Klavierstücke und hinter diesem scheinbar paradoxen Titel verbirgt sich ein komponiertes Programm der romantischen Musik: Unaussprechliches aussprechen, die Poesie des „Unendlichen“ zum Ausdruck bringen sollte die Tonkunst etwa nach den Vorstellungen des Musiktheoretikers, Dichters und Komponisten E.T.A. Hoffmann. Und wenn Mendelssohn in seinen „Liedern ohne Worte“ vokalen Duktus mit reicher „Begleitung“ in einem durchstrukturierten Klaviersatz verband, dann kam er diesem Konzept - ob es ihm bewusst war oder nicht - sehr nahe.
Murray Perahia hat diese Ideen weiterverfolgt - mit Transkriptionen bachscher Choralvorspiele, die Busoni im ähnlichen romantischen Geist verfasste, und mit Liszts Bearbeitungen dreier Schubert-Lieder, in denen sich der Prozess dieser „musikalischen Poetisierung“ verfolgen lässt. Perahia ordnet sein Programm intelligent an: Von der reich verzweigten Substanz der Bach-Werke geht es zu Mendelssohns „Liedern“ und schließlich zu Liszts virtuosen Bearbeitungen - gekrönt von der immens schweren Transkription des „Erlkönigs“.
Murray Perahia interpretiert mit rundem, warmem Ton und feiner Abschattierung der verschiedenen Schichten: Sehr genau sind bei ihm in den Bach-Sätzen die polyfonen Linien, bei Mendelssohn und Liszt der pianistische „Gesang“ und die „Begleitung“ zu verfolgen. Dabei zeigt sich Perahia als intellektueller Künstler, der nie in akzentuierte Härten oder in unkontrolliertes Schwelgen verfällt. Er erweist sich als begnadeter Analytiker ohne Kälte: ein nur scheinbares Paradox - und eine Eigenschaft, die er mit den großen Künstlern der Romantik gemein hat.

Oliver Buslau, 01.09.2007


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