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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Tribute For Lester

Art Ensemble Of Chicago

ECM/Universal 017 066 2
(57 Min., 2001) 1 CD

Lester Bowie ist seit 10. November 1999 tot. Schon in den Monaten vor seinem Tod muss das Art Ensemble Of Chicago ohne den charismatischen Trompeter auskommen. Die Ehrbezeugung “Tribute For Lester” verdeutlicht, wie wichtig er für das Quartett war. Er fehlt nicht nur, er hat eine Lücke hinterlassen, aus der sich die verbleibenden Mitglieder, der Saxofonist Roscoe Mitchell, der Bassist Malachi Favors und der Schlagzeuger Famoudou Don Moye nur auf einem Weg lösen können: indem sie ihr Konzept von Grund auf neu gestalten. Das haben sie auch gemacht, indem sie einerseits darauf verzichteten, einen Ersatztrompeter in ihre Reihen aufzunehmen und andererseits den verbliebenen Bläser in ein intensiveres, dichteres Geflecht von Rhythmen betten. Dabei blieb andererseits viel vom Wichtigsten, was dieses Ensemble ausmachte: Die Lust, die Grenzen des Jazz zu überspringen. Im Titelstück reicht die Klangreise bis zum barocken Bach, und auch ein Mix aus Hit-Themen gehört zu den Stationen, an denen die drei verbliebenen Art Ensemble Mitglieder augenzwinkernd vorbeischauen. Auch sonst hat sich einiges geändert. Dies verdeutlicht der Vergleich der 2001 aufgenommenen Fassung des Titels “Tutankhamun” mit der beim Label “Black Lion” erschienenen Aufnahme von 1969. Damals entsprach es dem Zeitgeist, dass die vier nicht sauber zusammenspielten, sondern nachhingen oder vorweg eilten. 2001 spielt das Rest-Trio wesentlich homogener, und zudem intoniert es gelassener und weniger nervös oder aggressiv. Wie Mitchell und Favors das Thema auf Basssaxofon und Kontrabass spielen, hat kammermusikalische Strenge. Aber genau dieses klare Anderssein, diese Fähigkeit, sich von der früheren Disziplinlosigkeit zu lösen und den Free Jazz in perfekter Koordination lebendig zu halten, macht den Reiz dieser CD aus. Fast dreieinhalb Jahrzehnte sind seit der Rebellion von damals vergangen. Die Trioscheibe ist ein guter Beleg für die Kernaussage von damals, dass freie Interaktion möglich ist und schlüssige Ergebnisse zeitigen kann. Unter die Haut geht dabei, wie Roscoe Mitchell in “As Clear As The Sun” über dem nervösen Puls seiner Partner per Zirkularatmung minutenlang flirrende Töne aneinanderreiht.

Werner Stiefele, 01.09.2007


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