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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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George Gershwin

Catfish Row, An American In Paris, Rhapsody In Blue u.a.

Jos van Immerseel, Anima Eterna Brugge, Claron McFadden, Bart van Caenegem

Alpha/Note 1 ALPH289
(86 Min., 3/2017)

„Sie klingt amerikanisch, riecht nach Amerika, und wenn man sie hört, fühlt man sich amerikanisch.“ Mit diesen Worten hat sich einmal Leonard Bernstein vor der Musik seines Landsmannes George Gershwin verbeugt. Nur einen Aspekt sollte Bernstein dabei unterschlagen: Wurden eigentlich die für den Konzertsaal geschriebenen Werke von Gershwin dabei auch werkgetreu aufgeführt? Für den belgischen Originalklang-Experten Jos van Immerseel gibt es da nur eine Antwort: Nein! Schon der in den 1920er und 1930er Jahren gebräuchliche Saitenmix aus Darm- und Stahlsaiten sorgte damals für einen völlig anderen Orchestersound. Und bei der Gershwin-Frage aller Fragen, bei den in „An American In Paris“ verwendeten Taxihupen, sind nicht nur für den Dirigenten hunderte bis tausende Kollegen auf dem Holzweg gewesen. Auch die Gershwin-Experten der University in Michigan haben jüngst herausgefunden, dass der Komponist in der Partitur für die vier verwendeten Hupen nicht die Töne ´a´, ´b´, ´c´ und ´d´ gefordert, sondern jede Hupe lediglich mit einem der Buchstaben zur besseren Spielbarkeit markiert hat. Auch diesen Hinweis hat Immerseel gerne von den amerikanischen Musikwissenschaftlern aufgenommen, die gerade an einer kritischen Gershwin-Edition sitzen, und versucht, entsprechend auf Instrumenten der damaligen Zeit umzusetzen. Und selbstverständlich gibt es auf dem prallvollen Gershwin-Album Ohrwürmer zuhauf – angefangen von den sinfonischen Jazz-Hits „An American In Paris“ und „Rhapsody In Blue“ (mit Bart van Caenegem auf einem Steinway von 1906) bis hin zu solchen Evergreens wie „Summertime“ und „I Got Rhythm“. Allzu umstürzlerisch ist das Ergebnis bzw. Hörerlebnis jedoch nicht geworden. Im Gegenteil. Im Vergleich etwa zu Immerseels Aufnahme mit Werken des von Gershwin so bewunderten Ravel haben die aufführungspraktischen Buchstaben des Originalsound-Gesetzes den nötigen Esprit, aber auch das leicht Verruchte und Erotische dieser Musik überdeckt. Und im Fall von Claron McFadden, die eigentlich über eine riesige Bandbreite von Bach bis zur Neuen Musik verfügt, zeigt sich einmal mehr, dass es gar nicht einfach ist, den Schalter ins Jazzfach umzulegen (wie das geht, hat Measha Brueggergosman schon oft bewiesen). So mag das Gershwin-Album zwar partiturgetreu daherkommen – aber leider auch allzu gediegen.

Guido Fischer, 16.09.2017


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