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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Jean-Baptiste Lullys 1686 uraufgeführte Tragédie en musique „Armide“ gehört nicht nur zu den absoluten Schwergewichten unter den ohnehin zahllosen Opern, die der vor Liebe rasenden Magierin Armida gewidmet sind. Für die Titelfigur hat Lully gleich zwei Monologe geschrieben, die mit zu den Herzstücken dieses fünfaktigen Meisterwerks gehören. Der eine Höhepunkt findet gegen Ende des 2. Aktes statt und offenbart Armide in einem absoluten Gewissenskonflikt: Soll ich den angebeteten Ritter Roland nun töten oder nicht? Ihren zweiten großen und dramatischen Auftritt hat sie schließlich gegen Ende der Oper – als sie Rolands falsches Spiel erkennt und schließlich zu heftig dampfenden Streicher- und Bläserstimmen dieser Welt entflieht. Das dafür nötige, seelenzerfetzende Tragische bringt nun auch die Sopranistin Marie-Adeline Henry mit. Doch gehört es zu solchen Paraderollen des Barockgesangs, dass bei ihnen wirklich alles stimmen muss, um einem unter die Haut zu gehen. Henrys dunkle Klangfülle ist zwar beachtlich. Und dennoch hat man immer wieder den Eindruck, dass sie sich minütlich überlegt, wie sie ihre Rolle am dramatischsten gestalten könnte. Dass Henry enormes Potenzial besitzt, zeigt sie am besten auf der knackigen, furiosen Kurzstrecke, wie in der Arie „Venez, venez, Haine implacable“. Aber zu einer Allrounderin à la Véronique Gens fehlt es ihr vorerst dann doch noch. Trotzdem ist dieser Live-Mitschnitt einer konzertanten Aufführung der „Armide“ aus der Pariser Philharmonie ein Barockfest und Leckerbissen für Barockgesang-Fans. Allein der Chœur de Chambre de Namur, mit dem Dirigent Christophe Rousset schon viele Barockschlachten geschlagen hat, trumpft fulminant auf, und dabei ohne Einbußen im Artikulatorischen. Haupt- und Nebenrollen sind etwa mit solchen tenoralen Könnern wie Antonio Figueroa und Cyril Auvity exzellent besetzt. Und mit seinem Alte Musik-Ensemble Les Talens Lyriques feiert Rousset erneut eine mitreißende und farbenreiche Klangästhetik, die bei aller historischen Rückschau perfekt ins 21. Jahrhundert passt.

Guido Fischer, 10.06.2017


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