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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Chopins Pleyel-Klavier in der Kartause von Valldemossa (c) Gryffindor

Pasticcio

Pleyel ist pleite

„Wenn ich schlecht disponiert bin, spiele auch auf einem Érard. Wenn ich mich begeistert fühle und stark genug, um meinen eigensten Klang zu finden, brauche ich ein Pleyel-Klavier!“ Dieses Bekenntnis Frédéric Chopins ist von einem seiner Schüler überliefert und unterstreicht seine maßlose Liebe zu den Klavieren aus der Pleyel-Manufaktur. Und daher wird sich der polnische Wahl-Franzose wahrscheinlich auch jetzt auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise in seinem Grab umdrehen – angesichts der Hiobsbotschaft, dass das Traditionsunternehmen Pleyel nun für immer seine Produktion einstellen und die Fabriktore schließen wird. Bis zum Schluss hatte man im Pariser Vorort Saint-Denis versucht, es mit der Konkurrenz aus Fernost aufzunehmen. Doch nach 206 Jahren und über 250.000 gebauten Flügeln und Klavieren verschwindet Ende des Jahres eine der letzten bedeutenden Edelmarken im Klavierbau. 1807 hatte der österreichische Komponist und Haydn-Schüler Ignaz Pleyel die Klavierfabrik in Paris gegründet. Und nicht nur die größten Pianisten jener Zeit wie Chopin und Liszt schworen auf die Instrumente, sondern später auch Ravel, Debussy Strawinsky und Alfred Cortot.
Die bewegte Geschichte des Unternehmens sollte sich aber auch in immer wieder neuen Produktionsstandorten widerspiegeln. So zog Pleyel 1961 nach Deutschland und 25 Jahren später nach Südfrankreich. Im Jahr 2000 kehrte man wieder an die Geburtsstätte, nach Saint-Denis zurück. Und seitdem ist die Zahl der gefertigten Instrumente rapide gesunken. Waren es 2000 noch 1700 Instrumente, so führten jetzt die Auftragsbücher gerade einmal 20 Bestellungen. Aber bis zum Schluss hielt man unerschütterlich am goldenen Handwerk fest. Bis zu 1.500 Arbeitsstunden benötigte es, bis die rund 5000 Einzelteile eines Pleyel-Flügels an der richtigen Stelle montiert sind. Und so konnte ein klangvoller Luxuskörper auch schon bis zu 200.000 Euro kosten. Doch solche Anschaffungen auch für die nachfolgenden Erbengenerationen sind heute nicht mehr gefragt. So ganz wird der Name „Pleyel“ aber glücklicherweise in Paris nicht verschwinden. Immerhin gibt es ja noch die Salle Pleyel, dieser von Vater & Sohn Pleyel ins Leben gerufene Konzertsaal, der längst sein Zuhause in der noblen Rue du Faubourg Saint-Honoré gefunden hat.

Guido Fischer



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