(c) Chris Gonz
Ja“, sehr deutlich. Ja, Hanna-Elisabeth Müller nennt sich eine Liedsängerin. Lied hatte Priorität in ihrem Unterricht. Hier fand sie ein sehr sicheres Terrain, von dem aus sich die junge deutsche Sopranistin mit der klaren, hellen, aber auch weich opak schimmernden Stimme weiter vorgetastet hat: „Ich fühlte mich sofort wohl, konnte aus einem unendlichen Terrain schöpfen. Meine Grundlagen wurden im Lied gelegt, deswegen ist es mir so nahe, die Oper kam erst dazu, als ich an der Bayerischen Staatsoper professionell vorgesungen habe.“
Die hat sie jetzt schon wieder verlassen. Zumindest als Ensemblemitglied, das sie nach einem Jahr Opernstudio von 2012 – 16 war. Denn Hanna-Elisabeth Müller ist inzwischen weltweit vielgefragt, so wie man sie schon an neun Hochschulen nach dem Vorsingen gern gleich dabehalten hätte. Und doch hatte sich die Mannheimerin für Mannheim entschieden. Bei ihr stimmt einfach alles: Aussehen, Figur, darstellerische Begabung, Technik, Interpretation – und, gar nicht so häufig bei einer jungen Sopranistin, ein ausdrucksstarkes, seelenvolles, kaum verwechselbares Timbre. Kein Wunder, dass alle die 32-Jährige haben wollen.
Sie ist viel unterwegs, will Oper gleichermaßen bedienen wie Konzert (sprang spektakulär ein in der 9. Beethoven-Sinfonie beim auch im Fernsehen übertragenen und jetzt auf DVD erschienenen Eröffnungskonzert der Hamburger Elbphilharmonie). Und natürlich das Lied, ihre erste und große Liebe. Sie singt gegenwärtig allüberall die Debütantinnen im Repertoire, die Frischlinge von Mozart vor allem, dazu Marzelline und Gretel. Aber als Sophie im „Rosenkavalier“ und als die – sehr von ihr geliebte – aus Standesdünkel in Hosen gezwungene Zdenka in „Arabella“ musste sich diese zarte, doch sehr tragfähige Stimme gegen gehörige Orchesterwogen erfolgreich durchsetzen. Ein weiterer wichtiger Schritt war kürzlich die Donna Anna an der Mailander Scala, kein Mädel mehr, sondern eine liebeswütige, temperamentvolle, koloraturschleudernde Frau, die Don Giovanni jagt und ihm gleichzeitig emotional unterworfen ist. In diesem Herbst wird sie als Pamina an die Metropolitan Opera in New York zurückkehren.
Als erste Soloplatte hat sich Hanna-Elisabeth Müller jetzt bewusst für eine Lied-CD entschieden. Sie fand es wichtig, ihre Anfänge als Liedsängerin stärker beleuchten zu dürfen: „Und so habe ich mich konzentriert, deutsche Sprache, drei Komponisten. Ich wollte nicht das ganze Füllhorn ausschütten. Berg, Schönberg, Strauss. Das sind Komponisten, deren Lieder mir ans Herz gewachsen sind. Und sie passen in ihrem Fin-de-Siècle-Gefühl wie auch in den Stimmungen eines jungen Mädchens gut zusammen und zu mir. Das sind absolut auch noch Gefühle von heute, die hier behandelt, angesprochen, analysiert werden. Manches mag man heute anders in Worte fassen. Aber ich finde mich als Frau unbedingt in diesen emotionalen Zuständen wieder, ich übersetze das in die Gegenwart.“
So lässt sich Hanna-Elisabeth Müllers bisherige Karriere wohl am besten mit dem Titel ihres Albums resümieren: „Traumgekrönt“.
Matthias Siehler, 02.09.2017, RONDO Ausgabe 4 / 2017
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