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(c) Burkhard Bartsch
Wer vor einigen Jahren einen der raren Auftritte des Chors der Sixtinischen Kapelle außerhalb Roms erleben durfte, war beeindruckt und verwundert zugleich. Die exklusive Aura, die das Ensemble aus dem Vatikan umgab, stand in seltsamem Kontrast zur massiven, druckvollen Tongebung, die in der Musikwelt des 21. Jahrhunderts mit ihren klein und edel besetzten a-cappella-Ensembles eigenartig anachronistisch wirkte. Seit 2011 aber waltet an der Cappella Sistina der gebürtige Turiner Massimo Palombella als Chorleiter, der – wie es die Regularien dieses hohen Amtes vorsehen – Geistlicher und Musiker ist. Der promovierte Dogmatiker und Kirchenmusiker hat mit dem legendären Chor hörbar an Klangkultur und Artikulation gearbeitet und den ehemals breiten, manchmal plärrig flachen Ton nahe an einer schlampig aufgefassten Opernhaftigkeit gründlich revidiert, um im Kernrepertoire des Chors – Renaissance und Frühbarock – buchstäblich wieder tonangebend zu werden.
Nun ist nach „Cantate Domino“ im vergangenen Jahr mit „Palestrina“ bereits die zweite Aufnahme am Ort des Konklaves entstanden. Kernstück der Aufnahme ist die berühmte „Missa Papae Marcelli“, ergänzt um neun Motetten.
Den Romantiker E. Th. A. Hoffmann brachte die Musik Giovanni Pierluigi da Palestrinas ins Schwärmen und er erhob sie zum Ideal der Kirchenmusik überhaupt: „So sind aber Palestrinas einfache, würdevolle Werke in der höchsten Kraft der Frömmigkeit und Liebe empfangen, und verkünden das Göttliche mit Macht und Herrlichkeit …; es ist wahrhafte Musik aus der andern Welt.“
Palestrina wirkte ab 1554 selbst in der Cappella Musicale Pontificia, dem Chor der Cappella Sistina, bis ihn ein Dekret des gerade gewählten Papstes Paul IV. schon im Jahr darauf zwang, das päpstliche Sängerkollegium zu verlassen, da dort fortan keine verheirateten Mitglieder mehr zugelassen waren. Seine Ernennung zum „compositore della cappella pontificia“ war durch seine Ehe allerdings nicht gefährdet, vielmehr wurde das Amt, das er bis zu seinem Tod 1594 bekleidete, 1565 eigens für ihn geschaffen.
Palestrinas „Missa Papae Marcelli“ ist umgeben von einer wunderbaren Legende: Am Karfreitag 1555, am dritten Tag des nur dreiwöchigen Pontifikats von Papst Marcellus II. soll sie erklungen sein komponiert als Antwort auf die päpstliche Anweisung, dass die Worte so verständlich wie möglich wiederzugeben seien. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wurde behauptet, dass das Konzil von Trient bereits kurz vor dem Entschluss stand, polyphone Kirchenmusik aufgrund der schwierigen Textverständlichkeit zu verbieten, dass aber Kardinal Carlo Borromeo durch die Schönheit und Reinheit von Palestrinas Musik mit ihrer deklamatorischen Schlichtheit von diesem Plan abgebracht wurde. Diese Legende hielt sich hartnäckig, und Palestrina wurde sogar zum Retter der Polyphonie ernannt. Nicht zuletzt deshalb gelten bis heute Palestrinas Werke als Stilideal und die päpstliche Kapelle damit als dessen Hüterin. Auch wenn zeitweise britische Ensembles diesem Ideal viel näher kamen als das römische. Massimo Palombella aber entlockt dem nun wieder rein intonierenden ältesten Chor der Welt reiche Farben und klare Diktion und macht die Cappella Sistina wieder zur ersten Autorität in Sachen Palestrina.
DG/Universal
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