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Wie eine Gruppe von Verschwörern wirken die Jungs. Einander vertraut, verschwiegen, mit sehr ernstem Blick und ganz klaren Bewegungen. Keine Geste zuviel machen die. Und lassen niemand an sich ran. Jedenfalls nicht, wenn sie gerade musizieren. Sieht so aus, hört sich aber nicht so an. Nicht mal einen Namen haben die, nichts Griffiges, Prägnantes, was sich gut vermarkten ließe. Einfach nur Berezovsky, Makhtin, Kniazev. Das reicht. Wer so spielt, braucht nicht mehr. Und wer dazu noch auf so ganz eigene Weise die Kunst der Kommunikation beherrscht.
Seltsam und eigenwillig, so wie die Musiker selbst, entfaltet sie sich auf ihrem Konzert im Pariser Louvre. Eine Entwicklung in drei Stufen. Zuerst dieses Gefühl, dass da drei schwarz gekleidete Autisten sitzen, nein, nennen wir sie „sehr introvertierte Männer“, die für sich selbst und sonst keinen hochkonzentriert Musik machen. Die nicht merken, dass da draußen im prall gefüllten Saal ein paar hundert Menschen sitzen. Die das gar nicht wissen wollen. Dann, Stufe zwei, die Ahnung: Die lassen uns teilhaben. Wir müssen uns nur darauf einlassen, diese Sprache zu entschlüsseln, diese unglaublich persönliche, unglaublich intime und emotionale Lesart, bei der wir, die Hörer, uns zunächst wie ein Voyeur fühlen, der verstohlen durch den Türspalt blickt. Wir im sicheren Dunkel aufgereiht und angezogen, die da vorne im Licht und nackt, sozusagen. Und schließlich die dritte Stufe: der Dialog. Wir sind dem Trio dicht auf den Fersen. Die Atmosphäre im Zuschauerraum verändert sich. Die lächeln, die Leute links und rechts neben uns, alle.Neugierig, offen, gespannt. Berezovsky, Makhtin und Kniazev schenken Schönheit. Und das nicht zu knapp.
Nach dem Konzert, in der Garderobe, sind die Jungs natürlich ganz anders. Ein Trio netter russischer Kumpels. Nicht mehr abgehoben, nicht mehr angespannt, sondern erleichtert, dass es so gut gelaufen ist. Unkompliziert und locker und kaum dem Klischee von „Künstlern“ entsprechend. Wenn uns jetzt jemand erzählte, Berezovsky studiere Politikwissenschaften, Makhtin habe sich in Agrarwissenschaften spezialisiert und Kniazev leite einen Spiritistenzirkel – wir glaubten es sofort. Das anschließende Souper holt uns in die Wirklichkeit zurück. Mit Wodka. Dass die Russen uns, Deutsche, Franzosen, Briten, unter den Tisch trinken, klingt nach Klischee. Stimmt aber.
Berezovsky, Makhtin und Kniazev haben jetzt Rachmaninows Trio élégiaque Nummer 2 und Schostakowitschs Klaviertrio Nummer 2 eingespielt: unwiderstehlich melancholisch, dunkel schimmernd, schmerzlich-süß. Dabei nie süßlich. Die Kunst der Kommunikation, sie funktioniert auch hier. Wie einer auf den anderen hört, wie er mit ihm fühlt und atmet und reagiert: fast schon wieder zu intim. Und schön traurig. Eine Reflektion über Vergänglichkeit, denn beide Werke entstanden aus einer Todeserfahrung heraus. Rachmaninows letzte Begegnung mit Tschaikowsky lag nur wenige Tage zurück, als er vom Tod des Komponisten erfuhr. Die Erinnerung an ihn, so erzählte er später, habe ihn beim Schreiben des Trios begleitet. Und auch Schostakowitschs Trio reflektiert den Verlust eines nahestehenden Menschen, den des früh verstorbenen Musikwissenschaftlers Ivan Sollertinsky, mit dem Schostakowitsch eng befreundet war. Todesahnung, Todesnähe, Abschied, Trauer, ganz unpathetisch. Mit Lust. Ist das die echt russische Seele von Boris Berezovsky, Dimitri Makhtin und Alexander Kniazev? Schon wieder ein Klischee. Trinken wir ’nen Wodka drauf!
Warner
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