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RONDO: Von Glenn Gould, der offenbar über ein ausgeprägtes absolutes Gehör verfügte, gibt es eine interessante Anekdote: Beim Radiohören während einer Autofahrt erkannte er ein bestimmtes Stück nicht, weil es in einer uminstrumentierten und deswegen transponierten Fassung gespielt wurde. Könnte Ihnen so etwas auch passieren?
Götz Östlind: Ich glaube nicht. Aber wenn ich auf dem E-Piano spiele und eine Transposition eingestellt ist, etwa, wenn ich jemanden begleiten möchte, dann komme ich durcheinander.
RONDO: Wann haben Sie gemerkt, dass Sie über ein absolutes Gehör verfügen?
Östlind: Ich habe mit neun Jahren angefangen, Cello zu spielen, bereits seit dem fünften Lebensjahr spielte ich Klavier. Beim Cello ist es ja leider so, dass es gerade in der Anfangszeit nicht besonders sauber klingt, wenn man die linke Hand nicht völlig beherrscht. In meinen Ohren klang das Cello nicht sauber, aber meine Eltern, die über eine gute Musikalität verfügen, empfanden es als rein. Wir sind dann zum Klavier gegangen, weil ich unzufrieden war, und meine Eltern haben daraufhin festgestellt, dass ich ein absolutes Gehör habe.
RONDO: Wie viel ist Veranlagung, wie viel ist Übung?
Östlind: Voraussetzung für diese Fähigkeit war schon die Veranlagung. Nicht einmal ein Mensch von tausend hat ein absolutes Gehör. Ich habe mein Gehör so weit verfeinert, um exakt zu sagen, das ist ein c’’’ oder ein Kontra-B.
RONDO: Wie entstand die Idee für die Wette bei Thomas Gottschalk?
Östlind: Ich war vor einem Jahr bei einer Freundin und habe ihr das absolute Gehör erklärt und dabei blind Töne angeschlagen. Ich habe gemerkt, dass ich auch die Oktave genau bestimmen kann, und es funktionierte auch mit vier Tönen gleichzeitig.
RONDO: Bestimmen Sie bei einem Vierklang jeden Ton einzeln oder gehen Sie von einem Ton aus und finden dann die Relationen?
Östlind: Ich höre jeden Ton einzeln, aber ich höre zusätzlich die Intervalle. Wenn mit der linken und der rechten Hand zwei Töne angeschlagen werden, höre ich jeweils zwei Töne und gleich zeitig auch das dazu gehörige Intervall. Wenn mit der rechten Hand drei Töne angeschlagen werden und links einer, höre ich einen Dreiklang mit zwei Intervallen und im Bass den Einzelton.
RONDO: Sie arbeiten zusammen mit Ihrem Duopartner David Harrington im „Piano Team“. Was ist das, und was machen Sie da?
Östlind: Das Piano-Team ist ein Zusammenschluss von freien Künstlern, keine Agentur, sondern ein Team. Etwa 30 Pianisten arbeiten dort mit. David und ich, wir treten als „David & Götz – die Showpianisten!“ auf. Wir spielen virtuose Arrangements von klassischer Musik, zum Beispiel die „Polowetzer Tänze“, dann Filmmusik, Musicals, Boogie-Woogie ... Wir treten überall auf, vom Altersheim bis zur Fernsehserie „Traumschiff“. Der Begriff „Showpianisten“ trifft es wohl am besten.
10.01.2015, RONDO Ausgabe 2 / 2006
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