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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Darf's ein bißchen mehr sein? Das Schott-Archiv (c) © Strecker-Stiftung / Peter Andersen

Pasticcio

Alles muss raus!

In über 200 Jahren Musikverlagsgeschichte kommt einiges an wertvollstem Papierkram zusammen. Nicht hunderte, sondern gleich abertausende Musikautographe, persönliche Briefe und Geschäftskorrespondenzen türmen sich da schnell zu einem riesigen Schatz auf Weltkulturerbe-Niveau auf. Immerhin reicht die illustre Reihe der Absender von Beethoven und Chopin über Wagner und Offenbach bis hin zu Ravel, Reger und Nono. Aber wie man es eben aus eigener, leidvoller Erfahrung her kennt: wenn in den heimischen vier Wänden kein Platz mehr ist, muss man ausmisten und sich selbst von seinen liebsten Erinnerungsstücken trennen. So eine Reißleine hat nun der Mainzer Schott-Verlag gezogen, seines Zeichens einer der ältesten Musikverlage der Welt.
Seit 1770 gibt es ihn. Dementsprechend quoll das hauseigene Archiv an einzigartigen Originaldokumenten derart über, dass Verlagschef Peter Hanser-Strecker jetzt ein großes Konvolut zum Verkauf angeboten hat. Rund 85.000 Archivalien umfasste das Gesamtpaket. Und angesichts der prominenten Komponistenriege, mit der Schott zusammenarbeitete, standen die Interessenten natürlich Schlange. Sechs Jahre wurde mit den potentiellen Käufern auch darüber verhandelt, wie sich überhaupt die Hege, Pflege und wissenschaftliche Erforschung der historischen Kostbarkeiten gestalten wird.
Da aber niemand die notwendigen Aufgaben ganz alleine stemmen kann, teilen sich nun mehrere Häuser bzw. Bibliotheken das Schott-Fell untereinander auf. Der Löwenanteil geht an die Bayerische und die Berliner Staatsbibliothek. Hinzu kommen kleinere Institutionen wie das Bonner Beethoven-Haus. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten sollen die Bestände dann digitalisiert und für jedermann zugänglich gemacht werden. Im Gegenzug wird der Erlös der Archiv-Entäußerung in neue Schott-Projekte wie „move@school“ gehen. Diese Re-Investition ins Musikleben ist äußerst lobenswert. Nur über den Gesamtpreis wurde anscheinend zwischen Verkäufer und den Käuferkonsortium Stillschweigen vereinbart. Irgendwo im siebenstelligen Bereich soll sich der Betrag bewegen. Der Steuerzahler würde das aber bitteschön gern noch ein wenig genauer wissen…

Guido Fischer



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