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N° 1353
13. - 24.04.2024

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am 20.04.2024



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Vladimir Jurowski (c) Sheila Rock

Zugabe

Namen, Nachrichten, Nettigkeiten: Neues von der Hinterbühne

Cecilia Bartoli hat mit der Glatze abgeschlossen. Und für das Cover ihrer neuen CD „St Petersburg“ diesmal bewusst ein unanfechtbares Cover gewählt. „Ich weiß, was Sie meinen“, sagte sie in Zürich mit salomonischer Betonung auf die Frage, ob sich ihr letztes Album (mit Musik von Agostino Steffani) vielleicht deswegen nicht ganz so gut verkauft habe, weil eine haarlose Bartoli auf dem Cover sich unterm Weihnachtsbaum nicht gut mache. „Dieses Mal, mit weißer Pelzkappe, habe ich deswegen ein Cover gemacht, wie es glamouröser, glaube ich, gar nicht geht.“
Jörg Widmann, Komponist der Oper „Babylon“, kann sich nicht vorstellen, noch einmal ein so großes Werk zu komponieren. „Viele fragen mich nach einer neuen Oper. Ich sage immer: Ich melde mich ...“, so Widmann gegenüber dem Berliner „tip“. Die Oper „Babylon“, uraufgeführt 2012 an der Bayerischen Staatsoper, war von der Kritik harsch und ziemlich einhellig verrissen worden – zumeist allerdings wegen des von Peter Sloterdijk verfassten Librettos.
Der britische Pianist Benjamin Grosvenor (22) ist zu Beginn seiner Karriere, um Praxis zu gewinnen, regelmäßig in einem Restaurant in seinem Heimatort Westcliff aufgetreten, während die Leute aßen. „Ich bekam 30 Pfund pro Abend“, sagte er in London im Anschluss an sein siebtes Konzert bei den Londoner Proms. „Es war eine gute Schule.“ Sein Ziel sei es, den Leuten Genuss zu bringen. „Und eine gute Mixtur von Stücken.“
Dirigent Vladimir Jurowski, der seinen Vertrag mit dem London Philharmonic Orchestra bis mindestens 2018 verlängert hat, hält den Erfolg von Dirigenten in London für schwierig. „Die einzigen Dirigenten, von denen man in London schwärmt, sind bis heute Thomas Beecham, John Barbirolli und Otto Klemperer.“ Das liege auch daran, dass Londoner Orchester bei jedem Dirigenten zwar 95% ihrer Leistung sofort bringen. „Aber die restlichen 5%, auf die es ankommt, sind extrem schwer zu kriegen. Denn die Musiker sehen den Aufwand zusätzlicher Probenarbeit nicht recht ein.“ Jurowski, der in Berlin lebt, wird 2017 auch nach Glyndebourne zurückkehren.
Daniil Trifonov, eine der großen Hoffnungen unter den jüngeren Pianisten weltweit, mag keine Studioaufnahmen. „Nur wenn man etwas korrigieren will, ist es besser ins Studio zu gehen.“ Aber das Publikum fehle doch, sagte er im schweizerischen Verbier. „Und das Publikum macht für den Solisten zwar vielleicht nur 1% der Atmosphäre aus. Aber auf eben dieses 1% kommt es an.“
Bariton Sir Thomas Allen (70) glaubt, für die Maskulinität seiner ausgeprägt männlichen Stimme nichts getan zu haben. „Ich bin so gemacht“, sagte er in seinem Haus in Schottland. Ihm sei einmal direkt gesagt worden, er verfüge über „a voice with balls“. Was solle man da tun?! Auch seine Vorbilder, darunter Cornel MacNeil, Leonard Warren und John Charles Thomas hätten sehr virile Stimmen gehabt. Trotz seines Alters ist Allen unvermindert aktiv. Unter anderem als Musiklehrer in „Ariadne auf Naxos“ und als Baron Zeta in der „Lustigen Witwe“.
Nach dem vorzeitigen Rückzug von Riccardo Muti von der Oper Rom hat in Italien ein wahrer Exodus von Opern-Chefdirigenten eingesetzt. Kurz zuvor hatte Gianandrea Noseda in Turin das Handtuch geworfen. Anschließend erklärte Nicola Luisotti seinen Rücktritt als musikalischer Leiter des berühmten Teatro di San Carlo in Neapel. Schließlich kündigte auch noch der junge Daniele Rustioni beim Teatro Petruzelli, dem viertgrößten Opernhaus Italiens, in Bari.
Hélène Grimaud und Hilary Hahn haben etliche Konzerttermine, darunter auch in Deutschland, abgesagt. Grimaud wegen einer Fingerverletzung, Hahn aufgrund einer akuten Muskelentzündung.
Der lettische Opern-Regisseur Alvis Hermanis, der in Salzburg „Die Soldaten“, „Gawain“ und zuletzt „Il trovatore“ mit Anna Netrebko inszenierte, ist stolz darauf, old school zu sein. „Mein Traum ist es, der altmodischste Regisseur des 21. Jahrhunderts zu werden“, sagte er in Berlin. Er glaube, dass „Professionalität wichtiger ist als Eingebung“. Auch wehre er sich nicht dagegen, für konservativ zu gelten. „Tatsächlich gehöre ich zu denen, die denken, dass Demokratie heute in einem gefährlichen Stadium angelangt ist. Die Mehrheit, wie ich glaube, ist nicht dazu in der Lage, etwas zum Besseren zu wenden. Sie ist ein Ziel der Manipulation, und deshalb misstraue ich ihr.“

Robert Fraunholzer, 11.10.2014, RONDO Ausgabe 5 / 2014



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