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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Esperanza Spalding

Bass erstaunlich

Bassist Slam Stewart hat es eine Oktave höher getan. Sein Kollege Major Holley sang in der tiefen Lage unisono zum eigenen Kontrabass. Eine Kunst, die Esperanza Spalding schon in jungen Jahren überzeugend wiederbelebt.

In ihrer erfrischend direkten Art führt die 24-Jährige ihre Doppelkarriere als Bass spielende Sängerin auf einen zweifachen Zufall zurück. Eigentlich hat sie nämlich Geige gelernt in ihrer Heimatstadt Portland, Oregon – und es dabei schon mit 15 zur Konzertmeisterin des Orchesters gebracht. Aber dann fand sie es nicht mehr cool, als Teenager darum zu ringen, mit den Geigen anderer Leute in sauberem Einklang spielen. »Kurz bevor ich meinem Lehrer sagen wollte, dass die Geige doch nichts für mich ist«, erzählt Esperanza, »habe ich im Musikraum der Schule einen Bass herumstehen sehen. Ich hab versucht, etwas walking bass zu spielen – so ging, ging, nging’, nur viel unsauberer und langsamer. Da kam der Lehrer rein und sagte nur: ›Ah, du spielst also jetzt Bass.‹« Esperanza reagierte eher genervt: »No!« Dabei hatte sie schon gemerkt, dass sie auf genau das richtige Instrument gestoßen war: »Die ersten beiden Tage mit dem Kontrabass haben mir mehr gegeben als all die Geigenjahre.«
Mittlerweile fasst sie keine Geige mehr an, obwohl sie gelegentlich Arrangements für Streicher schreibt. Als Bassistin dagegen schaffte sie nach zwei Jahren Erfahrung mit Klassik und einigen Bandgigs ans berühmte Berklee College: »Ich komme aus einer alles anderen als reichen Familie und konnte mir eigentlich weder den Umzug nach Boston noch die Schule leisten. Aber dann habe ich ein Stipendium gekriegt und ein Benefizkonzert gegeben.« Es kam genügend Geld zusammen für die Flugkosten von Esperanza und ihrem Instrument.
In Boston schlug sie sich finanziell durch, bis sie bei einer Audition als Bassistin für eine Tournee der Sängerin Patti Austin engagiert wurde. Von nun an war es für das junge Mädchen mit der Angela-Davis-Frisur leicht, an Jobs zu kommen. Auch Berklees Übervätern wie dem Saxofonisten Joe Lovano und Pat Metheny fiel Esperanza positiv auf. »Wenn jemand wie du es wirklich will, kann er alles erreichen«, gab ihr Metheny nach einer CD-Produktion am College mit auf den Weg – just als Esperanza ein zweites Mal zu zweifeln anfing: »Ich sagte mir damals ›Du bist jung und smart. Als Bassistin gut, aber deswegen noch lange nicht großartig‹. Ich wollte mehr bewegen in der Welt, direkter eingreifen.«
Es wurde also doch nichts aus dem Studium der Politikwissenschaft. Umso mehr ging es musikalisch voran: 2006 kamen die Berufung zur jüngsten Berklee- Dozentin und ein Album für ein kleines Label mit den kubastämmigen College-Freunden Aruán Ortiz (Piano) und Francisco Mela (Schlagzeug). »›Junjo‹ war wirklich ein Projekt von uns allen, auch wenn groß mein Name drauf stand«, versichert Esperanza. »Ich betrachte deshalb mein aktuelles Album ›Esperanza‹ als mein eigentliches Debüt und bin sehr froh, dass großartige Musiker wie der Drummer Horacio ›El Negro‹ Hernández mit im Studio waren.« Esperanza singt viel Selbstkomponiertes und verdankt dies letztlich dem »Zufall« Nummer zwei: »Ich hab anfangs viel gesungen, um mir für Jobs die ganzen Jazz-Standards einzuprägen, die ich kaum kannte. Und dann fanden andere Leute es gut, wie ich das mache …«

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Klaus von Seckendorff, 31.05.2014, RONDO Ausgabe 3 / 2008



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